Manche meiden Staus und überfüllte Strassen und fahren bewusst früh los. Für Andere ist zu spät, früh genug. Deshalb ist man regelmässig in Eile und jede Verzögerung, jedes Bremsen, jeder Umweg scheint ungerecht und sorgt für reichlich rote Köpfe. Und wo sich Autos stauen, wo PS-Maximierung und Übergrösse keinen Vorteil bringt, ist die vorbeirollende Velofahrerschaft das Sahnehäubchen der bitteren Stau-Pille. So wird der tägliche Pendlersalat aus reichlich Zutaten in einer viel zu kleinen Schüssel angerichtet und mit pikantem Dressing aus Emotionen und Alltagshektik gewürzt.
Autos sind doof!
Die nonverbale Kommunikation auf vier Rädern ist vielseitig. Velofahrende kennen das dumpfe Gefühl, so eng überholt zu werden, als ob sie gar nicht existierten. Manche Autos rollen langsam weiter auf Fussgänger zu, die den Zebrastreifen überqueren. Manche Automobilisten scheinen unter Überholzwang zu leiden, wenn sie vor ihnen ein Velo auf der Fahrbahn fahren sehen. Manchmal wir gehupt, damit gehupt ist oder beim Vorbeifahren gar mit Auspuffen geknallt. Und manche stellen sich in der Autokolonne demonstrativ mit zwei Rädern auf den sonst schon engen Radstreifen. – Die Strasse gehört dem Auto, verkünden diese stummen Botschaften.
Velos sind doof!
Doch auch die halsbrecherische Praxis von Velofahrenden, bei Rotlicht kreuz und quer zu fahren, ist kontraproduktiv. Sie ärgert selbst Velofahrende, die an der roten Ampel, wie dumm stehen gelassen, auf Grün warten. Zudem schadet es dem Ruf von Velofahrenden. «Die halten sich eh an keine Regeln», heisst es dann. Alljährlich und vor allem ab Herbst sind bedenklich viele Velos im Dunkeln ohne Licht unterwegs. Weshalb so viele Velos auf dem Trottoir fahren, ist unter dem Gesichtspunkt des lückenhaften Velonetzes teilweise nachvollziehbar, aber rechtfertigt es keineswegs. Und manche Velofahrende scheinen stets in Eile oder flitzen durch Fussgängerzonen, als würden sie von wilden Bienenschwärmen verfolgt. Schliesslich lernt man schon als kleines Kind, alles was Räder hat, muss schnell sein. Doch selbst mit einem Rennvelo kann man langsam.
Schuhe sind doof!
Selbst Zufussgehende kommen in unserer Aufzählung nicht kritiklos davon. Wenn ihre Blicke auf Smartphones kleben, bewegen sich die Menschen mit wenig Aussenwahrnehmung im Strassenraum. Sie erschrecken sich bereits panisch ab dem Klingeln einer Veloglocke. Ein ambulanter Realitätsabgleich für Smartphone-Wandler, gewissermassen. Und über das Wauwau an der Langleine beginne ich gar nicht erst zu berichten.
Wir können das deutlich besser
Einerseits können wir uns Fehler, die uns allen passieren, gegenseitig bis in alle Ewigkeit vorwerfen. Wo Autofahrende vielleicht ein etwas zu inniges Verhältnis zu ihrem Fahrzeug pflegen, meinen Velofahrende wiederum etwas überschwänglich, nur sie seien die Guten. Und zu Fuss Gehende leiden eh unter schrumpfender Freifläche. Dennoch trifft dies alles nicht den Kern des Problems. Wo bleibt der gegenseitige Respekt? Neutral betrachtet sind wir doch gar nicht so verschieden? Die Welt ist bunt, nicht Schwarz-Weiss. Wir sind alles Menschen mit hohen Mobilitätsbedürfnissen – zwar mit vielseitiger Verkehrsmittelwahl, jedoch mit derselben Absicht: sicher anzukommen.
Mehr Aufmerksamkeit, Respekt und Nachsicht sind unseres Erachtens der Schlüssel zu einem spürbar besseren Zusammenleben. Geholfen ist uns allen, wenn wir unser Verhalten ändern, wie zum Beispiel:
- wenn wir uns besser an Regeln halten
- wenn wir uns selber nicht zu wichtig nehmen
- wenn wir im Dunkeln stets mit Licht unterwegs sind
- wenn wir für kurze Strecken das Auto zuhause stehen lassen
- wenn wir nicht gleich vor Wut explodieren, falls sich jemand “dumm” verhält
- und – wenn wir auch mal über die Fehler von Anderen hinwegsehen
- ergo, wenn wir den Alltagsstress nicht in den Verkehr mitnehmen
Ein freundliches Grüezi bewirkt kleine Wunder.
Wir Veloförderer setzen uns aktiv ein für ein respektvolles Miteinander im Strassenverkehr. Auch wenn die Veloinfrastruktur noch lückenhaft ist und Schwachstellen aufweist: Wer sich im dichten Alltagsverkehr vorausschauend verhält, ist klar im Vorteil. Man hat die Möglichkeit zu agieren und nicht bloss zu reagieren.
Abstand halten, anderen auch mal den Vortritt überlassen oder wenn man mit dem Velo an Fussgängern vorbei will, die Geschwindigkeit beim Überholvorgang reduzieren und ein freundliches “Grüezi”, bewirken zeitweise kleine Wunder. All dies kann Situationen im Strassenverkehr entspannen oder gar entschärfen.
Machen Sie mit. Es lohnt sich.
Wir wünschen Ihnen viele positive Momente im Strassenverkehr. Gute und sichere Fahrt.