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Velo-Beleuchtung kann mehr als nur Licht

Hannes Munzinger

Das richtige Velolicht für sicheres und komfortables Velofahren bei Dunkelheit, Regen, Schneegestöber oder Nebel ist unentbehrlich. Im Sinne von Sehen und Gesehen werden ist gutes Velolicht schon lange kein “nice to have” mehr. Sichtbarkeit schafft Sicherheit.

Die Auswahl ist gross, die Preisunterschiede auf den ersten Blick nicht nachvollziehbar. Die technischen Beschreibungen verschiedener Herstellern sind leider selbst bei gleicher Lichtmasseinheit kaum vergleichbar. Aber warum ist das so? Bei der Lichtmessung gibt es drei wichtige Masseinheiten, nämlich Candela (cd), Lumen (lm) und Lux (lx). Was taugen diese Informationen und wie können Velolichter miteinander ins Verhältnis gesetzt werden?

Lumen

Ohne Linsen oder Spiegel strahlt eine Lichtquelle nach allen Seiten gleichmässig. Der gesamte Lichtstrom einer Lichtquelle wird mit der Photometrischen Einheit “Lumen” gemessen. Von Interesse ist jedoch nicht bloss der eigentliche Lichtstrom in alle Richtungen. Denn eine Lichtquelle, bei der das Licht gebündelt wird, erscheint für das Auge heller, als eine gleich starke Lichtquelle, die nach allen Seiten strahlt. Deshalb braucht man eine weitere Masseinheit.

Candela

Die Candela beschreibt die Strahlstärke, welche von einer Lichtquelle in eine Richtung gesendet wird. Dabei wird der Lichtstrom innerhalb eines bestimmten Raumwinkels gemessen. Als Faustregel gilt, ein Candela ist entspricht in etwa der Strahlstärke einer Haushaltskerze. Von “Kerze” (lateinisch candela) rührt auch der Name der seit 1948 international genormten Basiseinheit.

Lux

Und als wäre dies nicht schon kompliziert genug, braucht es noch eine dritte Einheit. Im Gegensatz zu Lumen und Candela, welche die Leuchtkraft beschreiben, ist Lux eine Empfängermasseinheit. Sie beschreibt, wie viel Licht auf einer bestimmten Fläche, in einem bestimmten Abstand eintrifft. Lux beschreibt also die Ausleuchtung einer Fläche.

Ab jetzt erahnt man, weshalb all diese Masseinheiten zur Vergleichbarkeit von Velolichtern wenig beitragen. Wie gross war der Abstrahlwinkel, welcher Abstand wurde für die Messung gewählt, wie gross war die ausgeleuchtete Fläche? Wie vergleicht man unterschiedlich geformte Lichtkegel? Soweit ist schon mal gut, wenn man die Unterschiede der Messeinheiten einmal gehört hat. Dennoch auswendig lernen, müssen Sie das nicht.

Lumen als vergleichbare Grösse

Als Helligkeitsmass der Lichtquellen hat sich seit der Verbreitung der Leuchtdiode (LED) das Lichtstrom-Mass Lumen, wenigstens in der Häufigkeit, so gut wie durchgesetzt. Von der Taschenlampe hin zur Stirnlampe, übers Velolicht bis zum Leuchtmittel im Haushalt findet man die Lumenangabe oft prominent auf den Verpackungen. Allmählich weiss man, wie hell etwa 400 Lumen ausleuchten, was etwa der Lichtausbeute einer 40 Watt Glühbirne entspricht. Einige Hersteller setzen weiterhin auf Lux, also auf die Ausleuchtungsstärke. Das ist sicher nicht falsch. Es sollte jedoch die Lichtstrommessung Lumen nicht weggelassen werden.

Eines ist gewiss. Was für Smartphone-Kameras Megapixel, sind für Leuchten die Lumen. Jedenfalls ist ein richtiger Wettbewerb entbrannt. Doch genau so wenig, wie viele Megapixel etwas über die Bildqualität eines Smartphones sagen, können Lumen etwas über die Qualität einer Lampe aussagen. Wenigstens wird die Grundhelligkeit der Leuchten vergleichbar.

Hell und heller – ist mehr wirklich mehr?

Zuviel des Guten ist wegen der Blendgefahr für die anderen Verkehersteilnehmenden richtig gefährlich. Für Alltagsveloscheinwerfer ist eine Strassenverkehrszulassung deshalb eine gute Idee. Sollte ein Velolicht beispielsweise 12’000 Lumen erzeugen, ist es wohl eher dafür geeignet, Flugzeuge vom Himmel zu holen, als friedfertig eine Strasse auszuleuchten. Dementsprechend gehen 1’500 Lumen gerade noch als Fernlicht durch. Erst bei etwa 500 Lumen oder rund 100 Lux sind wir bei einer kräftigen, aber zugelassenen Standardbeleuchtung angelangt. Jedenfalls sollten solch helle Lichter stets richtig eingestellt werden, damit der Gegenverkehr nicht geblendet wird.

Der Nichtblender

Viele helle Lampen teilen den Lichtstrahl mit einer deutlichen Hell-Dunkel-Kante, wie im Titelbild mit der rot gepunkteten Linie markiert. Ein Spiegelsystem oder eine Linse formt den Lichtkegel so, dass er flach auf den Boden trifft. So wird das Licht dorthin gebündelt, wo es gebraucht wird und wo es den Weg ausleuchtet. Leider gibt es in der Schweiz lediglich die Vorschrift, vorne weiss, hinten Rot, nicht blinkend und aus mindestens hundert Metern sichtbar. Das lässt viel Spielraum für zu wenig Licht, denn manchen reicht schon ein Glühwürmchen am Lenker.

Der Topp-Blender

Am anderen Ende der Fahnenstange sind die Stirn- oder Helmlampen, die stets in die Blickrichtung des Velofahrenden leuchten. Diese sind im Sportbereich zwar beliebt. Für die Strasse sind sie selten geeignet, da sie einen hohen Blendfaktor für Gegenverkehr oder entgegenkommende Velofahrende oder Zufussgehende aufweisen.

Tipps für die Auswahl

Grundsätzlich ist das Frontlicht mit einer Hell-Dunkel-Kante die fortschrittlichste Bauart. Es berücksichtigt, was gutes Licht im Verkehr haben sollte. Eine helle Ausleuchtung des Fahrweges ohne den Gegenverkehr zu blenden. Bei diesen Leuchten ist die Auswahl noch recht überschaulich. Leider sind viele Frontlichtkonzepte noch nicht über den Taschenlampenreflektor hinaus gekommen. 

Nicht-Licht

Grundsätzlich gehört an ein häufig genutztes Velo fest verbautes Licht. Nabendynamos erzeugen genug Strom für eine gute Lichtanlage. Zusätzlich geben Nabendynamos mit Kondensator gleichmässig Spannung ab. Damit flackert das Licht nicht und schaltet beim Stillstand erst mit Zeitverzögerung aus. Auch Nachrüsten mit einem Nabendynamo ist recht einfach und lohnt sich für alle Alltagsvelos.

Fernlicht über Land

Pendeln Sie regelmässig über Land und dies das ganze Jahr? Vor allem mit einem Speed-Pedelec ist das zuschaltbare Fernlicht sehr empfehlenswert. Bis zu 45 Stundenkilometer sind richtig schnell. Auch für andere Velofahrende, die gerne zügig fahren, ist zuschaltbares Fernlicht ein heiterer Tipp für dunkle Nächte. Dennoch ist nicht alles sinnvoll, was die Nacht zum Tage macht. Nutzen Sie Fernlicht oder helle Zusatzlampen mit bedacht.

Zugegeben, gutes Licht ist nicht gerade günstig. Ob am Kindervelo, am Mountainbike, am Rennrad oder am Trecking-Alltagsvelo – gutes Licht macht ein Velo als Verkehrsmittel erst vollwertig und sicher. Vom Wunsch getrieben, das Leben zu verbessern und auch in der dunklen Jahreszeit gut und sicher am Bestimmungsort einzutreffen, sollte uns das etwas wert sein.

Gute Fahrt ihnen allen und bleiben Sie gesund.

Info-Box zu den Vorschriften in der Schweiz

  • Fahrräder müssen bei Beginn der Abenddämmerung bis zur Tageshelle, bei schlechten Sichtverhältnissen und in Tunneln mindestens mit einem nach vorn weiss und einem nach hinten rot leuchtenden, ruhenden Licht ausgerüstet sein.
  • Blinklichter sind nur als Zusatzbeleuchtung erlaubt.
  • Die ruhenden Lichter müssen nachts bei guter Witterung auf 100 Meter sichtbar sein, dürfen aber nicht blenden.
  • Bei allen Elektrovelos muss im Strassenverkehr das Licht auch am Tag eingeschaltet sein. Das gilt übrigens auch für e-Mountainbikes, etc.
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