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Polizistin, Mediensprecherin, 47

Wenn immer möglich, nutze ich die Velowege

Aufgezeichnet von Christian Nill

Auch als Polizistin ist man vor Diebstählen nicht sicher. Vor ein paar Jahren fuhr ich mit meinem Mountainbike in die Badi. Ich befestigte es mit einem schlichten Schloss beim Eingang. Als ich nach Hause wollte, war es weg. Gestohlen. Natürlich erzählte ich es meinen Gspänlis auf dem Polizeiposten. Danach dachte ich nicht mehr daran. Einige Tage später rief mich ein Kollege an: Er habe mein Velo wiedergefunden. Ich ging hin und schaute es mir an. Tatsächlich, da war mein Velo, nichts verstellt. Der Dieb (vielleicht war es auch eine Diebin) hatte es ebenfalls abgeschlossen. Wir stahlen es dann einfach zurück, ohne viel zu überlegen. Die Täterschaft blieb unbekannt. Aber was für ein erfreulicher Zufall!

Im Gegensatz zu meinem Auto haben meine Velos keine Namen, aber ich hänge dennoch sehr an ihnen. Ich besitze aktuell drei verschiedene. Mein Urban Bike ist mein Alltagsvelo, so ein richtiges Arbeitstier, sehr gut ausgerüstet mit Licht und allem Zubehör. Dafür ist es auch etwas schwerer. Mein Mountainbike ist ein vollgefedertes Fully für das grobe Gelände, hinten und vorne gedämpft. Mein Rennvelo ist für die Strasse, super leicht und mit einer elektronischen Schaltung. Für ein gutes Velo gebe ich schon mal 4’000 bis 5’000 Franken aus. Dafür pflege ich sie auch gut. Gewisse Reparaturen mache ich selbst. Das gefällt mir. Nur etwas darf ein Velo niemals sein – grün. Ich kann die Farbe Grün nicht ausstehen!

Schutzengel immer dabei

Natürlich ist auch die Anschaffung eines e-Bikes ein Thema. Vor kurzem kaufte ich mit meinem Vater, immerhin schon über 80, ein elektrisch angetriebenes Velo. Er macht immer noch Touren, gerne auch zusammen mit meiner Mutter. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Schon als kleines Mädchen waren wir sonntags mit der ganzen Familie auf dem Velo unterwegs. Mein Erstes schenkte mir mein Götti. Es war knallrot! Da war ich sechs und fräste ab da wild auf der Strasse hin und her. Zum Glück hatte ich immer einen guten Schutzengel. Auch damals, mit sieben oder acht.

Als ich einmal mit meinem Vater auf einer Velotour war, fuhren wir einen Hügel hinunter. Plötzlich begann mein Vorderrad zu eiern. Ich fuhr wohl zu schnell. Als nächstes überschlug es mich, und ich landete unsanft auf einer Wiese – aber zum Glück nicht im Apfelbaum, der ebenfalls noch da stand. Mein Vater setzte sich mit mir unter den Apfelbaum und tröstete mich, bis der Schock wieder überwunden war. Es war ja nichts passiert, und es schadete auch meiner Veloleidenschaft nicht.

Hauptsache, man wird gesehen

Auch heute denke ich oft, dass man im Strassenverkehr manchmal schon einen Schutzengel braucht. Ich fahre durchschnittlich mindestens an vier von fünf Arbeitstagen mit dem Velo von Schlieren nach Zürich zur Arbeit. Nur selten muss ich aus Dienstgründen mein Auto nehmen. Aber egal, wie kalt es ist oder ob es gerade leicht regnet – ich fahre mit dem Velo. Das sorgt immer mal wieder für Reaktionen bei meinen Kolleginnen und Kollegen. Manche denken wohl, ich hätte einen Vogel. Einige finden es auch zu gefährlich. Aber eben: Dank einem guten Schutzengel ist mir noch nie etwas Gravierendes passiert. Dafür sorge ich natürlich auch selber. Mit gutem Licht und leuchtendem Helm sieht man mich wirklich von weitem, gerade jetzt, in der dunklen Jahreszeit. Eine Top-Lichtausstattung macht generell Sinn, wenn man mit dem Velo im hektischen Stadtverkehr unterwegs ist: Man muss gesehen werden können.

Natürlich habe ich auch genug Erfahrung, um zu wissen, worauf ich achten muss im Verkehr. Zum Beispiel Ausfahrten schaue ich immer ganz genau, ob ein Auto, das aus einer Ausfahrt kommt, mich überhaupt bemerkt hat, und ob es meine Geschwindigkeit auch richtig einschätzt. Im Zweifelsfall bremse ich. Manchmal muss man auch einfach Gnade vor Recht walten lassen und einem nicht korrekt fahrenden Auto den Vortritt gewähren. Bringt ja nichts, wenn ich den Vortritt erzwinge und dafür gerammt werde. Als Velofahrerin bin ich die Schwächere. Aber klar, in so einem Moment kann es schon sein, dass die Mediensprecherin der KaPo auch mal ausruft und die Hände verwirft.

Unabhängigkeit!

Wenn immer möglich, nutze ich die Velowege. Zum Glück ist damit vieles besser geworden.  Sie vermitteln mir ein Gefühl von Sicherheit. Das habe ich sonst auf der Strasse weniger, wenn Autos eng an mir vorbeifahren oder Tramschienen zu überqueren sind. Leider verhalten sich auch Velofahrende nicht immer korrekt. Es ist nicht zu übersehen, wenn Rotlichter überfahren werden oder die Geschwindigkeit den Gegebenheiten nicht angepasst wird, wodurch im Notfall der Bremsweg nicht mehr reicht.

Laut Unfallstatistiken nimmt mit dem e-Bike-Boom die Unfälle leider zu. Viele davon sind Selbstunfälle. Zuerst betraf es vor allem ältere Leute, die Unfälle mit ihren e-Bikes verursachten. Inzwischen sind es aber leider auch immer öfter Pendlerinnen und Pendler auf modernen e-Bikes, die unangepasst unterwegs sind. Dennoch ist der e-Bike-Trend ungebrochen. Sowohl meine Eltern als auch meine Schwester haben eigene Elektrovelos. Deshalb ist es sehr wahrscheinlich, dass ich mir als nächstes ebenfalls eins anschaffe. Hauptsache zwei Räder und die damit einhergehende Freiheit.

Wenn ich auf dem Velo bin, ist die Welt für mich in Ordnung. Das klingt vielleicht etwas kitschig. Aber so ist es nun mal. Ich gehe auch gerne mit dem Velo in die Ferien, nach Mallorca, Frankreich oder ins Aostatal. Meistens nehme ich an geführten Gruppenreisen teil. Das ist wunderbar und macht viel Spass. Man ist unter Seinesgleichen, hat immer Gesprächsthemen und lernt erst noch wunderschöne Landschaften kennen. Dieses Gefühl von Unabhängigkeit ist einfach einmalig!

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