Verfällt Ihr Velo ab Herbst in einen künstlichen Winterschlaf? Geben Sie ihm eine Chance, sich auch im Winter zu bewähren. Sie werden überrascht sein, welche positiven «Nebeneffekte» Sie beim Velofahren im Winter erwarten.
Wintervelofahren – die positiven Aspekte
- Velofahren ist auch im Winter gesund. Regelmässiges Pedalieren stärkt die Abwehrkräfte. Das Immunsystem weiss sich besser zu wehren. Besonders heutzutage ist das ein wertvolles Geschenk, das wir uns selbst machen können.
- Velofahren an der frischen Luft sorgt für gute Laune, es wirkt stimmungsaufhellend und ist so ein einfaches Hausmittel gegen den Grau-in-Grau-Blues. Unser Körper braucht UV-Licht um Vitamin D zu produzieren, welches unsere Knochen stärkt. Die Gesichtshaut nimmt beim Winterradeln Sonnenlicht auf und kurbelt die körpereigene Vitaminfabrik an.
- In die Wintermonate fallen ja auch viele Feste, welche mit gutem und üppigem Essen einhergehen – haben Sie gewusst, dass Velofahren bei Kälte viel mehr Kalorien verbrennt als in der Wärme des Sommers? Eine halbe Stunde reicht schon und Sie haben ca. 300 Kalorien verbrannt, was ungefähr einem Kilogramm Wassermelone oder 6 bis 7 Stück Chicken Nuggets entspricht.
- Ausserdem ist Velofahren eine Verjüngungskur – Velofahrer sehen einfach frischer und gesünder aus, weil ihre Haut besser durchblutet wird. Gönnen Sie sich dieses kostenlose Beauty-Plus.
Das Wintervelowetter im Check
Wer in der Schweiz an Winter denkt, denkt oft ans Skifahren entlang tief verschneiter Bergpanoramen oder an meterhohe Schneewände. Das mag zwar zu den Bergregionen passen. Im Flachland ist dies keine adäquate Vorstellung des Winters mehr. Oft regiert graues Einheitswetter, oben sonnig warm und unten grimmig kalt unter einer dicken Nebeldecke. Nur noch selten schafft es Frau Holle, ihre Kissen bis in die Niederungen auszuschütteln. Und dass da eine geschlossene Schneedecke über Wochen oder Tage liegen bleibt, kommt immer seltener vor.
Gegenargumente
Das Hauptargument gegen das Velofahren im Winter ist zurecht die Angst vor Stürzen, gefolgt von der Kälte und dem Zustand der Velowege. Letztere werden oft sehr unterprioritär vom Schnee befreit. Vielerorts bleibt die Velospur ungeräumt oder wird als Schneedepot missbraucht. Manchmal bleiben tagelang festgefrorene Schneebrocken liegen. Wenn es erst so richtig schneit, ist dies bei uns das eigentliche Aus fürs Velofahren im Winter.
Auch wenn Schmelzwasser in der Nacht gefriert, wird es am frühen Morgen zur Sturzfalle. Hier bleibt noch viel Verbesserungspotenzial. Ein schaler Nachgeschmack bleibt.
20% Veloverkehr – im Winter
Wagen wir einen Blick in Nachbars Garten? Wie machen das andere Länder? Bricht dort der Winterveloverkehr ähnlich markant ein, wie bei uns? Ja und nein: In Deutschland und Österreich sind ähnliche Phänomene wie hierzulande zu beobachten. Aber gehen wir weiter nördlich, zum Beispiel nach Holland, Dänemark oder gar Finnland, sieht dies anders aus. Natürlich kann man das skandinavische Klima nicht eins zu eins mit dem Unsrigen vergleichen. Nehmen wir als Beispiel das Finnische Oulu: Oulu ist die nördlichste Grossstadt der Europäischen Union nahe am Polarkreis. Im Winter ist sie reich gesegnet mit Schnee, eisigen Temperaturen und langen Dunkelzeiten. Trotzdem liegt der Veloverkehrsanteil im Winter bei rund 12%, ganzjährig bei rund 20% der zurückgelegten Wege.
Im Kanton Zürich waren es im Vergleich, Stand 2019, rund 2 % bei wesentlich freundlicheren Bedingungen. Die hohe Veloanteil am Verkehr in Oulu ist nicht der wetterfesten finnischen Bevölkerung zuzuschreiben, sondern vor allem einer fortschrittlichen Veloinfrastruktur. Ihr wird in Oulu ein hoher Stellenwert zugedacht, und sie geniesst höchste Priorität. Die Velostreifen werden in der Regel vor den Fahrspuren des motorisierten Verkehrs vom Schnee befreit. Das zeigt nachhaltig Wirkung.
Lösungen sind gefragt
Vielleicht braucht es zusätzliche Anreize seitens Kantone, Gemeinden oder auch seitens Unternehmen? Oft reicht eine kleine Anerkennung, um das Velofahren attraktiver zu machen oder es ins Bewusstsein der Pendelnden zu rücken. Diese kann finanzieller Art sein. Es beginnt aber auch mit sicheren, gedeckten Parkplätzen, wo das Velo nicht gleich zum Eisklotz erstarrt.
Selbstverständlich gibt es auch Tage, an denen das Fahrrad besser stehen gelassen wird. Wenn es zum Beispiel kräftig stürmt oder die Strassen komplett vereist sind, wird es für alle Teilnehmenden des Individualverkehrs gefährlich. Wobei auch bei Eis kann man richtigen Bereifung vieles wett machen. Passen Sie Ihren Fahrstil den Gegebenheiten an und kommen Sie sicher ans Ziel.
Spüren Sie Ihren inneren Yeti? Fahren Sie mit. Es lohnt sich. Der leise Veloverkehr wertet den urbanen Lebensraum enorm auf und macht Städte attraktiver. Wann haben Sie das letzte Mal fallendem Schnee gelauscht?
Wir wünschen allseits gute und sichere Fahrt und viele zauberhafte Winter-Velomomente.
* Plotsch [der] – Schweizerdeutsch für Schneematsch