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Es muss nicht stets ein neues Velo sein

Text: Hannes Munzinger

Wie gross die Freude sein kann, wenn man etwas günstig erstanden hat, brauchen wir nicht weiter zu erläutern. Auch vom Glück, einem nicht mehr benötigten Gegenstand ein neues Leben zu schenken und dafür erst noch einen guten Batzen zu erhalten, sei hier bloss erwähnt. Und da die Velobörsen-Saison wieder startet, bringen wir ein paar einfache Tipps zum Kauf gebrauchter Velos.

Velobörsen, Flohmärkte oder digitale Marktplätze?

Schon manch einer hat an einem Flohmarkt ein günstiges Schmuckstück eines Velos erstanden und damit einen grossartigen Sommer erlebt. Allerdings sollte man damit nach einer Probefahrt einfach eine unbeeindruckte Miene wahren. Dies kann sich beim Feilschen auszahlen.

Kein Velokauf ohne Probefahrt.

An Velobörsen werden nur fahrtüchtige Velos angenommen. Auch von Händlern stehen Velos auf Velobörsen zum Verkauf. Der Verkauf vor Ort hat grosse Vorteile. Einerseits sind stets Leute vom Fach anwesend. Andererseits können diese, allfällige Unsicherheiten klären oder haben gar den einen oder anderen Tipp im Köcher. Wie beispielsweise: Der frühe Vogel braucht dringend Kaffee, oder so. Wie auch immer. Auch hier empfiehlt sich, kein Velokauf ohne Probefahrt. Dazu wird der Personalausweis als Depot benötigt. Also Ausweis unbedingt einpacken!

Gebrauchtvelos von Privaten und von Händlern findet man auch online. Dabei sind Angebote von Kunden-Occasionen oder auch von Auslaufmodellen direkt bei den Webauftritten von Velohändlern zu finden. Stattdessen sucht man auch auf Web-Plattformen wie Velomarkt, Velocorner, Ricardo, Tutti oder Anibis und Co.

Vertrauenswürdig?

Klingt ein Angebot zu verlockend, fragt man sich wo der Haken ist. Vielleicht wurde das Velo nicht benutzt? Weist es allenfalls technische Mängel auf? Stehen daher vielleicht teure Reparaturen an? Oder ist es letztlich Diebesgut? Immerhin werden täglich im Kanton Zürich an die acht Velos gest-funden. Ist ein Velo als gestohlen gemeldet, und gerät man damit in eine Polizeikontrolle, macht man sich haftbar. Deshalb sollte man beim Kauf eines Gebrauchtvelos stets eine Kaufquittung mit Rahmennummer verlangen. Somit ist gesunder Menschenverstand gefordert.

Welcher Preis ist angebracht?

Ausgehen sollte man ungefähr vom halben Verkaufspreis. Nach 8 Jahren hat ein gebrauchtes Velo noch einen Restwert von etwa 20 Prozent. Ausnahmen von dieser Regel sind Liebhaberobjekte, wie das hippen Fixie, mit dem man zur Gartenbeiz fährt und sich alle zwei Minuten nervös umdreht, ob es noch da steht. Gilt aus eigener Erfahrung auch für schnieke Elektrovelos! Also stelle man sich der Frage: wofür will ich das Velo nutzen? So oder so. Zum Occasionspreis sollte man unbedingt noch die Kosten für eine Instandsetzung und ein Satz schmierige Hände einrechnen.

Worauf achtet man bei der Auswahl gebrauchter Velos?

In der Regel ist ein solides, altes Velo um Längen besser, als ein billiges Neues. War der Neupreis der Occasion bereits unter 700 Franken, darf man nicht viel erwarten. Beim gebrauchten Velo lege man auf folgende Teile ein besonderes Augenmerk:

  • Die Bremsen müssen greifen. Tun sie das nicht, ist das ein Fall für die Fachwerkstatt.
  • Die Kette darf nicht zu satt oder zu locker sein.
  • Alle Gänge lassen sich durchschalten, das hippe Fixie ganz ohne Schaltung ausgenommen.
  • Bewegliche Teile müssen leicht beweglich sein, ohne zu Wackeln.
  • Bei gezogener Vorderbremse bewegt sich die Gabel im Steuerrohr nur wenig, während das Velo vor- und zurückbewegt wird.
  • Die Räder laufen ruhig, ohne irgendwo zu schaben oder schleifen.
  • Die Reifen sind gepumpt, haben Profil und keine Risse.
  • Die Kurbel lässt sich sauber und gleichmässig drehen.
  • Das Licht funktioniert hinten und vorne. Die vorgeschriebenen Reflektoren sind vorhanden.

Börsentipps der Veloförderung

  1. Damit man sich keine Schrottlaube andrehen lässt, sollte man gegebenenfalls jemanden mitnehmen, der/die sich auskennt.
  2. Ein knickeriger Ehegatte ist bei der Wahl des Damenrades manchmal weniger hilfreich, als eine gute Freundin oder ein Aussenstehender.
  3. Die Lieblingsfarbe ist immens wichtig! Sie verrät nur nichts über Qualität des Velos, leider. Lassen Sie sich vom Lichtspiel nicht beeindrucken.
  4. Alltagsvelos haben im Idealfall Schutzbleche, Gepäckträger, gutes Licht und gute Bremsen.
  5. Finger weg von Elektrovelos mit namenlosen Motoren oder mit Antrieben von Herstellern, die vom Markt verschwunden sind.
  6. Finger Weg von e-Velos mit Akkus, die nicht mehr produziert werden. Nach fünf bis sieben Jahren lässt ein Akku deutlich nach. Grosse Marken bieten eher Ersatz, als kleine Nieschenhersteller, ein paar wenige, aber lobenswerte Ausnahmen ausgenommen.
  7. Die Grösse des Velos sollte grundsätzlich passen. Stossen die Knie an den Lenker oder streifen diese beim Pedalieren fast das Kinn, stimmt so gut wie gar nichts.
  8. Lassen Sie das Velo am Lenker festhalten. Dafür haben Sie ja jemand mitgenommen. Sitzen sie gerade und bequem auf den Sattel. Greifen Sie nach Vorne, dorthin wo Sie die Griffe erwarten und öffnen Sie die Augen. Ist der Lenker dort, wo Sie ihn erwarten? Ist der Abstand zum Lenker richtig?
  9. Passt das Velo, lässt sich die Ergonomie mit Lenker, Griffen oder Sattel weitgehend nachrüsten. Kostet etwas, aber Komfort gewinnt.
  10. Nach dem Kauf empfehlen wir, beim Fachhandel ein solides Schloss zu kaufen. Süsch ischs Velo schnäll ewegg!

Zu guter Letzt unser Tipp am unteren Rande: Motivieren Sie ihren Velohändler des Vertrauens, auch gebrauchte Velos anzubieten. Das stützt die Kreislaufwirtschaft von Morgen und birgt auch sinnvolle Arbeit in die Werkstatt, die wiederum auch anerkannt werden soll. Wohlverstanden finanziell, nicht mit Klatschen!

Wir wünschen Ihnen allen von Herzen Glück und Frieden, einen sonnigen Frühlingsanfang und jederzeit gute Velofahrt.

Info-Box Velobörsen

Vielen Dank an Pro Velo Kanton Zürich für die zur Verfügung gestellten Bilder. 
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