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S-Pedelec: Was kann das schnelle e-Bike? – Expertenwissen

Verfasst von Hannes Munzinger

Um das schnelle Elektrovelo, das S-Pedelec oder denglisch das schnelle e-Bike, geht es in dieser zweiten Fokusgeschichte zum e-Bike. Gemeint sind stets die Zweiräder mit Elektrounterstützung, welche losfahren, sobald man in die Pedalen tritt, also nicht das Elektromofa mit Gashebel für Bewegungsmuffel.

Das Speed-Pedelec orientiert sich an der Alltagsmobilität denn an der Freizeitnutzung. Dabei befähigt es mit Leichtigkeit Pendlerstrecken bei rund 20 Kilometer je Weg oder darüber hinaus und dies über viele Höhenmeter hinweg. Es positioniert sich somit als schnellstes, aktives Verkehrsmittel, ohne Sportgerät sein zu wollen. Das S-Pedelec schreibt in der Schweiz ein eigenes Kapitel in eine tiefgreifende und veränderungsorientierte Nachhaltigkeitsagenda. Denn durch die Verschmelzung aus Elektromotor und Muskelkraft meistert es tägliche Fahrtenwege besonders effizient und emissionsarm – und auch schnell.

Das „schnelle“ e-Velo

Gerne wird das Commuterbike als teuflisch schnell und bemerkenswert gefährlich diffamiert. Die Gefahr liegt jedoch selten beim e-Velo. Viel mehr ist es der Typ Mensch, der auf seinem S-Pedelec kurz vor dem Überschallknall eng an Zufussgehenden oder anderen Velofahrenden vorbei rauscht, sich notorisch zuvorderst an der Ampel einreiht oder ebenso gewohnheitsmässig bei Rot über die Kreuzung flattert. Dennoch werden Speed-Pedelecs durchaus auch angepasst gefahren, sich einreihend und im Fluss mit den anderen Velos. Zugegeben braucht es dafür Disziplin. Wie berauschend ist es doch, bei vollem Tempo durch eine Quartierstrasse zu brausen! – Wobei es bei 10 km/h langsamer vielleicht noch zum Bremsen gereicht hätte. – Manchmal ist etwas langsamer eben deutlich schneller. Demgegenüber ist der volle Speed auf übersichtlichen Strecken einfach grossartig – vorausschauendes Fahren vorausgesetzt.

der leise Hecknabenmotor
Brachiale Kraft an der Hinterradnabe

Überlandstrecken

Insbesondere das schnelle Pedelec mag auf längeren Überlandstrecken die zentrale Rolle des Autos als Pendlerfahrzeug in Frage stellen. Die abgesetzten Velowege sind noch sichtlich unterstrapaziert, während sich Autofahrende im Strassenraum stets wie öfter geduldig auf die Füsse treten. Stellen Sie sich vor, sie gleiten einfach auf dem abgesetzten Rad-, Gehweg von Gemeinde zu Gemeinde am Trubel vorbei. Dabei sind sie physisch aktiv, stellen sich gedanklich auf den neuen Tag ein oder lassen den vergangenen Tag ausklingen. Sich und seinem Körper etwas Gutes zu tun, ist dem Konzept gegeben.

Urbane Strecken

Im städtischen Gewusel der vielen Fuss-Velo-Mischflächen und Regimewechsel ist eine angepasste und vorausschauende Fahrweise entscheidend. Mit voller Tretunterstützung ist man städtisch fast immer zu schnell und setzt sich und andere unnötigem Druck und Gefahren aus. Dabei ist es ein schweizerisches Privileg, ein derart leistungsfähiges Gefährt, wie das Speed-Pedelec, auf sicherer Veloinfrastruktur führen zu dürfen. Denn, was auch S-Pedelec-Piloten fehlt, sind Knautschzonen. Mit der aktuellen Regelung will man das schnelle e-Velo sicherer machen.

S-Ped Mittelmotor
Der Speed-Pedelec-Mittelmotor, kraftvoll und gut ausbalanciert

In Deutschland beispielsweise darf das Speed-Pedelec fast nirgendwo fahren, wo es für Velofahrende sicher ist. Deshalb bleibt es dort eher das seltene Gefährt mit Nummernschild, welches mit dem Autos im Mischverkehr geführt wird. Dabei wird es regelmässig weg gehupt, da man sich gefälligst auf den Radfahrweg verziehen soll. Bloss, dass es da, laut Gesetzgebung, auch nicht hin gehört.

Da lobt sich die pragmatische Lösung der Schweiz eindeutig. Speed-Pedelecs müssen hier auf die Veloinfrastruktur. Gerade deshalb ist von den Pilotinnen und Piloten besondere Rücksichtnahme gefragt. Abstand ist Anstand, auch gegenüber Zufussgehenden oder anderen Velofahrenden. Ungebremst funktioniert der pragmatische Ansatz der Schweizerischen Gesetzgebung nur mit viel Ärger. Und auf Social Media führt es zu unbändigen Hasstiraden über die „Gefahr auf leisen Sohlen“.

Das S-Pedelec in der Schweizerischen Gesetzgebung

Es gibt noch andere gesetzliche Rahmenbedingungen zu den S-Pedelecs. Als Nicht-EU-Mitglied geht die Schweiz ihren eigenen Weg:

  • die maximale Motorleistung liegt bei 1’000 Watt – in der EU geht sie bis max. 4’000 Watt hoch
  • es gilt die Veloweg-Nutzungspflicht, sofern einer vorhanden ist
  • es braucht ein Kennzeichen mit gültiger Vignette
  • Kindersitze und die Benutzung von Anhängern sind erlaubt

Nur mit Fahrausweis

Die weiteren Regeln für das schnelle e-Velo sind schnell aufgezählt. Es gelten dieselben Verkehrsregeln, die man in der Theorieprüfung lernt. Denn ohne gültigen Fahrausweis, mindestens der Kategorie für Motorfahrräder, darf man das Speed-Pedelec nicht fahren.

Helmpflicht

Das Tragen eines Helmes ist während der Fahrt mit dem Speed-Pedelec obligatorisch. Zwar muss es nicht, wie in Italien, ein Motorradhelm sein. In den meisten EU-Ländern und auch bei uns in der Schweiz, reicht ein „geeigneter Velohelm“ mit der Norm EN 1078. Speziell für schnelle Elektrovelos entwickelte Helme sind daran zu erkennen, dass sie die strengere NTA-8776-Norm erfüllen, was durchaus Sinn macht. Sie erweitern die Schutzfläche im Schläfen- und Nackenbereich. Diese Norm ist beispielsweise in den Niederlanden Pflicht. Für Brillenträger empfiehlt sich übrigens ein Helm mit herunterklappbarem Visier.

Vorsichtspflichten

Ausserdem sei hier einmal erwähnt, dass die Vorsichtspflichten für alle Verkehrsteilnehmer gleichermassen gelten. Im Artikel 26 des Schweizerischen Strassenverkehrsgesetzes (SVG, SR 741.01) ist festgehalten: Jedermann muss sich im Verkehr so verhalten, dass er andere in der ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert noch gefährdet. Besondere Vorsicht ist geboten gegenüber Kindern, Gebrechlichen und alten Leuten, ebenso wenn Anzeichen dafür bestehen, dass sich ein Strassenbenützer nicht richtig verhalten wird. Der Fahrzeuglenkende muss das Fahrzeug ständig so beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann.

Speed-Pedelec Lenkerpartie
Smarte Technologien oder ABS finden auch zum Speed-Pedelec

Commuter-Bike statt Sportrad

Viele Menschen fühlen sich von Bildern des Radsportlers mit Spiegelbrille oder vom Downhiller im Steilhang nicht abgeholt. Trotzdem wird im Veloladen häufig das Velofahren als Wettkampf oder Freizeitbeschäftigung propagiert. Vielmehr sollten Händler ihren Fokus auf die Geschichten der Menschen lenken, welche das Velo für ihre Mobilitätsbedürfnisse nutzen, unaufgeregt und in Alltagskleidern statt Funktionsdress. Das Potenzial des e-Velos als Alltagsverkehrsmittel ist riesig und nur minimal ausgeschöpft.

Oft gestellte Fragen zum schnellen e-Bike

Welche Argumente sprechen für das Speed-Pedelec?

Vor allem auf langen, offenen Überlandstrecken punktet das Speed-Pedelec mit seiner Schnelligkeit. Ausserdem sind die Velo-Komponenten in der Regel von höchster Qualität.

Welche Argumente sprechen eher für das Pedelec bis 25 km/h?

e-Bikes bis 25 km/h verbrauchen weniger Strom, was sich positiv auf die Reichweite je Akkuladung auswirkt. Ausserdem gilt das „langsame“ Pedelec ein Leichtmotorfahrrad und darf uneingeschränkt dort fahren, wo Fahrräder erlaubt sind.

Was sind die Vorteile eines Hecknabenmotors?

Der Hecknabenmotor ist absolut lautlos. Er meistert auch Steigungen auf der Strasse und das deutlich schneller als ein Mittelmotor. Er macht das Speed-Pedelec zum kraftvollen Langstrecken-Virtuosen.

Was sind die Vorteile eines Mittelmotors?

Im Vergleich zum Hecknabenmotor meistert der Mittelmotor richtig steile Pfade. Denn beim Schalten wirkt die Übersetzung auch auf den Motor. So schiebt er das Bike steil hinauf, langsam wie ein Skilift aber selbst über üble und schottrige Pisten.

Wann lohnt sich die Anschaffung eines schnellen e-Lastenrades?

Der Vorteil ist der „Kofferraumimmerdabei“ in Kombination mit einem flotten Pendlerantrieb. So wird das e-Lastenvelo ein gelungener Autoersatz und deckt einen grossen Teil durchschnittlicher Mobilitätsbedürfnisse ab.

Wieviel kostet ein Speed-Pedelec?

Der empfohlene Einstieg dürfte momentan bei etwa CHF 3’500.- liegen. Ein top-ausgerüstetes Speedped knackt jedoch mit Leichtigkeit die 7’000er-Grenze und kann im Premium-Segment auch mal CHF 10’000.- überschreiten.

Wie gross ist der Zeitgewinn mit einem Speed-Pedelec gegenüber 25 km/h Pedelecs?

Bei einer gemischten Strecke (Stadt/Land) von etwa 15 Kilometern gewinnt man durchschnittlich etwa 10 Minuten Fahrzeit. Bei 2 mal täglich und 20 Tagen im Monat ergibt das rund 6 Stunden Fahrzeit.

Ökologischer als gedacht

Zwar sind e-Velos beim CO₂-Fussabdruck schlechter unterwegs, als ihre klassischen Geschwister ohne „e“. Zweifelsfrei benötigt die Batterie Rohstoffe und muss erst produziert werden. Auch die Lebensdauer eines e-Velos ist wohl kürzer, gerade der elektronischen Komponenten wegen. Dennoch motiviert das e-Velo deutlich häufiger zur Velonutzung und wird auch für längere Routen genutzt. Es setzt weniger Staub vom Herumstehen an und wird eher Menschen weg vom Auto bringen, als weg vom Velo. Und das minimiert den CO₂-Fussabdruck erheblich. Und sollte jemand den Kofferraum oder den wettergeschützten Kindersitz vermissen, sind dafür unterdessen viele e-Lastenräder erhältlich – teilweise gar als Speed-Variante.

Stellen sie sich vor, sie radeln aktiv mobil zur Arbeit, zum Einkauf oder wohin auch immer ihr Terminkalender sie trägt. Das funktioniert. Gute Fahrt ihnen allen, egal womit Sie heute unterwegs sind.

Bildquelle

Fotos: Hannes Munzinger
mit freundlicher Erlaubnis aufgenommen bei e-motion Dietikon

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