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Reflektoren bei Licht betrachtet

Text: Hannes Munzinger

Endlich Frühling! Die Tage sind bereits wieder länger als die Nächte und wir freuen uns auf die warme Jahreszeit. Selbst wenn es wieder länger hell ist, sind lichtreflektierende Helfer von grossen Nutzen. Unsere Geschichte führt uns zu den Anfängen der Reflektoren mitten nach England in den Dreissiger-Jahren. Genauer nach Queensbury, West Yorkshire im Jahre 1933.

Am Anfang war das Katzenauge

Man erzählt sich, dass sich Mr. Percy Shaw an einem nebligen Abend von seinem Lieblings Pub, dem Old Dolphin, auf den Heimweg machte. Er fuhr mit seinem Auto über die Highgate Road Richtung Halifax. Im Scheinwerferlicht erblickte er eine Katze am Strassenrand. Wegen den leuchtenden Augen des Tieres brachte Shaw sein Auto zum Stillstand. Dabei realisierte er zwei Dinge. Er war auf die falsche Strassenseite geraten und, ein paar Meter weiter wäre er von der kurvigen Strasse abgekommen. Dies brachte den Mann auf die Idee, dass Katzenaugen am Strassenrand die Orientierung verbessern und die Sicherheit erhöhen könnten.

Bereits 1934 meldete Shaw seine Erfindung zum Patent an. Noch heute werden seine „Catseye“ in einem Vorort von Halifax, hergestellt. Diese ursprünglichen Katzenaugen sieht man bei uns eher selten. Sie bestehen aus einem Kunststoffkörper mit polierter Sammellinse und metallisiertem Rundspiegel.

Winkelreflektoren

Spulen wir die Zeit vor zur Mitte der Fünfziger-Jahre, als der Landwirt Arvi Lehti aus Finnland eine Spritzgussmaschine erwarb. Er begann damit, einfache Haushaltswaren und Reflektoren für seine Pferdefuhrwerke herzustellen. Für seine Rückstrahler nutzte er das Prinzip des Tripelspiegel-Arrays. Unzählige aneinander gereihte Würfel reflektieren das Licht. Je präziser die Spiegelflächen ausgerichtet sind, je genauer trifft das Licht in die Richtung der Lichtquelle.

3D-Darstellung eines Triplespiegel-Arrays mit Mikrowürfeln (Bild: Hannes Munzinger)
Die Urform des Triplespiegels in simpler Würfelform.

Für neuere Winkelreflektoren werden meist Tetraeder (regelmässige Dreieckspyramiden) in den Kunststoff gedrückt. Noch verlustärmer reflektieren Dreiecksprismen. Das sind Glaskörper, welche vorne Plan sind und rückseitig drei zueinander stehende, unverspiegelte Planflächen, mit Winkeln von 90° besitzen. Welche Spiegelgeometrie schlussendlich verendet wird, ist von Auge meist nur schwer erkennbar, zumal die Spiegelungen die räumliche Wahrnehmung stark täuschen. Beliebt und bekannt wurden die ersten nordischen Reflektoren als Schneeflocken-Anhänger für Zufussgehende.

Triplespiegel-Array Reflektor
Die rote Umrandung markiert eine der in den Kunststoff gegossenen Dreiecksprismen.

Mikrolinsenreflektoren

Ganz modern wird es in diesem Abschnitt. Der jüngste Spross der Reflektoren ist die Reflektorbeschichtung auf Stoffen und Folien. Diese findet man heute auf Sicherheitswesten genauso, wie auf Sportbekleidung, Rucksäcken, Helmüberzügen, Taschen sowie als Aufkleber aller Art. Doch wie funktioniert das moderne Reflektormaterial?

Wer kennt es nicht? Wenn man mit Fernlicht in den Nebel leuchtet, sieht man kaum mehr durch ihn hindurch. Denn die vielen mikroskopisch kleinen Wassertröpfchen wirken wie kugelförmige Mikrolinsen, die das Scheinwerferlicht reflektieren. Damit allfällige Reflexionen die Sicht nicht einschränken, sind Nebelscheinwerfer möglichst weit ausserhalb unserer Blickrichtung, also der optischen Achse unserer Augen angebracht.

Das optische Prinzip der Wassertröpfchen findet man ebenfalls auf dünnsten Reflektormaterialien. Mikroskopisch kleine, transparente Kunststoffkugeln fokussieren das Licht. Sie werfen es dank dem unterschiedlichen Brechungsindex von Luft und Kunststoff dem Einfallswinkel entgegen zurück. Die Kugelform bewirkt jedoch eine leichte Lichtstreuung, was durchaus erwünscht ist. Zu exakte Reflektoren könnten Nachts blenden. Diese dünnen Folien können problemlos auf Kleidungsstücke appliziert werden. Deutlich dicker und etwas weniger für Kleider geeignet, sind dagegen Reflektorfolien mit Mikroprismen.

Am Beispiel einer nächtlichen Langzeitaufnahme wird die Wirkung moderner Reflektorfolien sichtbar.
Reflektorschicht unter dem Rasterelektronenmikroskop (Creative Commons: SecretDisc – Reflective leg band in Scanning Electron Microscope, 15x. Edgar Kutschera)
Der erste Reflektor auf dem Mond mit der Apollo 11 Mondfähre im Hintergrund. Mehr dazu in der Infobox. (Bild: NASA Apollo Archive)
Grüner Laserstrahl fliegt zum Mond. Mehr dazu in der Infobox. (Foto: Tom Zagwodzki, Goddard Space Flight Center)

Konklusion

Egal welche Technologie sich hinter den Reflektoren versteckt. Wesentlicher ist, dass sie am Velo angebracht sind und uns Velofahrende besser sichtbar machen. Grundsätzlich sind hinten ein roter, vorne ein weisser und an den Pedalen orange Reflektoren gesetzlich vorgeschrieben. Eine Ausnahme bilden Klickpedale wegen ihrer Bauform.

Wie heisst es doch so schön: Sichtbarkeit schafft Sicherheit – und bei Nacht und Nebel nicht ohne Velolicht. Wir wünschen allen eine gute Fahrt, egal womit Sie unterwegs sind.

Infobox: Reflektoren auf dem Mond

Selbst der Mond trägt ganz vorbildlich Reflektoren. Die Astronauten der Apollo-Missionen 11, 14 und 15 brachten auf der Mondoberfläche insgesamt fünf Linsenreflektoren an. Diese werden von astronomischen Observatorien regelmässig mit Laserlicht angestrahlt. Mit der Zeitmessung des reflektierten Lasers lässt sich der genaue Abstand des Erdtrabanten berechnen, auch wenn nur wenige Photonen der Lichtimpulse zurück finden. So fand man heraus, dass der Mond sich wegen der Gezeitenreibung jährlich 38 Millimeter von der Erde entfernt. Doch bis er uns endgültig verloren geht, wird es glücklicherweise noch einige Milliarden Jahre dauern.

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