Velofahren macht mich glücklich. Dabei ist es egal, auf welchem Velo ich sitze. Was zählt, ist der Prozess, die Fortbewegung, unabhängig vom Ziel. Velofahren ist für mich Freiheit und der Schlüssel zu meiner physischen und mentalen Gesundheit. Auf dem Velo kann ich meine Gedanken ordnen und Ideen entwickeln.
Ich bezeichne mich selber gerne als Velo-Chamäleon, denn jede Art des Velofahrens macht glücklich und hat seine Reize und Vorzüge. Diese Einstellung ist allerdings erst in den letzten Jahren gereift und hat sich zu einer Mission entwickelt.
Ausdauer statt Ballgefühl
Als Kind war ich sportlich eher untalentiert.Ich hatte zum Beispiel überhaupt kein Ballgefühl. In der vierten Klasse gingen wir während des Turnunterrichts joggen. Das fand ich richtig gut. Damals wurde mir bewusst, dass ich Ausdauersport mag. Ich habe dann mit Inlineskating angefangen und bin sogar Rennen gefahren. Ich hätte da gerne weitergemacht, leider gab es keinen Verein.
Der Zufall wollte, dass sich meine Mutter in dieser Zeit ein Mountainbike kaufte. Darum habe ich vom Mountainbike-Club in der Nähe erfahren und probierte das einfach mal aus. Mein erstes Mountainbike-Rennen war dann allerdings eine traumatische Erfahrung: Es war kalt, es regnete und alles stand knietief im Matsch! Ein Jahr später ging es schon viel besser, und nach dem dritten Rennen stand ich bereits auf dem Podium.
Ausdauer in Sport und Beruf
In der Kategorie Mountainbike Cross-Country durfte ich einige Erfolge im Spitzensport feiern. Da kämpft man sich den Berg hoch und hat danach das Adrenalin und den Nervenkitzel bei der Abfahrt. Das gibt mir schon viel. 2016 gab ich den Rücktritt aus dem Profisport, um nur drei Jahre später in der neu geschaffenen Disziplin E-Mountainbike zurückzukehren. Auch hier fuhr ich gleich von Anfang an vorne mit. Der E-MTB-Sport ist aufgrund der neuen technischen Komponente und deren rasanter Entwicklung unglaublich spannend!

Auch abseits der Rennstrecke blieb ich dem Velo treu. Seit einigen Jahren bin ich Expo-Verantwortliche der Cycle Week, dem nationalen Velofestival. Zudem wurde ich Mitbegründerin einer Velo-Consulting-Firma. Das Ziel ist stets das Gleiche: Im Team bei «antritt» möchten wir inspirieren! Velofahren ist cool und mit den nötigen Skills macht es richtig Spass! Wichtig ist, dass man sich sicher fühlt. Wer sich sicher fühlt, fährt besser und hat umgehend mehr Freude am Velofahren.
Know-how, Vielfalt und Community
Das Angebot an der Cycle Week ist einzigartig und wohl einmalig in der Schweiz: Wir bieten Workshops zum Thema Fahrtechnik und vermitteln auch die Theorie dazu. Weiter gibt es Angebote zur Routenplanung, zur Trainingslehre oder dem Mentaltraining, also wie man Ängste oder Blockaden überwindet. An der Cycle Week kann man sich auch Hilfe holen, um eine Veloreise richtig zu planen. Wir bieten den Menschen hochwertige Inhalte. Auf kleinstem Raum kann man alle möglichen Velos oder Cargobikes testen und sich ein Bild machen, was zu einem passt. Im 2025 legen wir den Fokus vermehrt auf das Thema Jugendförderung.
Parallel zur Cycle Week 2024 haben wir das «Veloforum Schweiz» ins Leben gerufen. Auch hier setzen wir auf Vernetzung und Inspiration. Alle Velo-Interessengruppen aus Sport, Tourismus, Verbänden über Stadtplanung bis hin zur Gesundheitsförderung bringen wir an einen Tisch. Ziel ist, dass die Velo-Bubble näher zusammenrückt, die einzelnen Bereiche sich vernetzen und voneinander profitieren können.
Im Rahmen der WM konnten ausserdem verschiedene Projekte zur Veloförderung umgesetzt werden. Tausende Velofahrerinnen und Velofahrer waren dank Projekten, wie «Zäme ufs Velo», mit dem Velo unterwegs. Und gemäss einer Umfrage gaben 25% der WM-Besuchenden an, dass sie mehr Velo fahren und auch mehr Velorouten kennen als vorher.
Wir möchten die Menschen aufs Velo bringen. Velofahren ist ein Breitensport und wir möchten den Leuten vermitteln, dass das Abenteuer gleich vor der Haustüre beginnt. So haben wir verschiedene Formate für verschiedene Bedürfnisse geschaffen. Wir konzipierten unter anderem eine Bikepackingtour von und nach Zürich, die auf einer 400-Kilometer-Runde und über 10’000 Höhenmetern durch den ganzen Kanton Zürich führte.
Reiz der Extreme im Ultracycling
Letztes Jahr entdeckte ich für mich self-supportet Ultra Cycling Rennen. Das sind Rennen, die länger als 24 Stunden dauern. Dabei ist man komplett auf sich gestellt. Man bestimmt selbst, wann man isst, wann und wo man schläft. Das kann unter einer Brücke sein oder man schläft überhaupt nicht.
Neulich fuhr ich an einem Ultra Cycling Rennen in der Steinwüste im Süden Spaniens. Mir gefallen diese kargen Landschaften! Bei so einem Rennen fährt die «Unbekannte» immer mit, und das macht es irgendwie auch aus. Ich mag auch die Kontraste bei solchen Rennen oder beim Bikepacking ganz allgemein. An einem Tag schläft man unter der Brücke und am nächsten in einem Fünfstern Hotel. Ein Bett, eine Dusche und die Möglichkeit, die Velohosen zu waschen, sind sehr angenehm, aber ich mag auch das Extreme, das Einfache.
Mein grosser Traum wäre, einmal am Silk Road Mountain Race teilzunehmen. Dieses Ultracycling Race gilt als eines der härtesten der Welt.
Land und Leute hautnah
Ist man mit dem Velo unterwegs, kommt man viel mit Land und Leuten in Berührung. Man kann anhalten, wo man möchte, etwas anzuschauen und Kontakte knüpfen. Einmal war ich in Neuseeland auf einer Tandemtour. Wir fuhren durch eine Region fern der Zivilisation, die nicht so viele Unterkünfte hat. Wir machten auf einer Beerenfarm Halt, um einen Kaffee zu trinken. Spontan stellte uns der Farmer sein Ferienhaus zum Schlafen zur Verfügung.
Es sind oft Momente auf Reisen, wie Regen oder ein platter Reifen, die mühsam sind. Doch meist sind dies die intensivsten Momente und Erinnerungen, die bleiben. Das macht den Reiz aus. Nicht alles ist planbar. Das gefällt mir sehr.
Während meiner Trainings als Teenager war ich oft mit dem Bike alleine unterwegs. Ich mochte es, mit dem Velo so viele Dinge auf eigene Faust zu entdecken; ich war Nachmittage lang mit dem Velo im Wald unterwegs und verspürte meine Entdeckerlust. Später als Veloprofi kam mir diese etwas abhanden. Aber seit ich nicht mehr Profi bin, ist sie wieder zurück. Das freut mich sehr.
Ökosystem Velo
Ich fahre im Jahr ca. 20’000 Kilometer mit dem Velo, davon natürlich auch viele Kilometer im Alltag. Das sind Fahrten zum Bahnhof, dann mit dem Zug weiter nach Zürich, wo ich dann oft das Bikesharing nutze. Mir wurden zu viele Velos gestohlen. Somit verzichte ich darauf, ein Velo am Bahnhof abzustellen.
Seit ich privat auch ein schnelles E-Bike besitze, hat sich mein Radius definitiv vergrössert. Damit erledige ich noch mehr mit dem Velo im Alltag. Menschen sind grundsätzlich etwas bequem. Sehr vieles ist Gewohnheit und Routine und deshalb sollte man genau dort ansetzen. Sobald es für die Menschen bequem wird, und mit bequem ist vor allem auch sicher gemeint, erhöht es die Wahrscheinlichkeit, dass die Menschen das Velo nutzen. Darum ist gute Velo-Infrastruktur so wichtig, damit Menschen sich sicher fühlen.
Meine Velo-Vision
Es gibt noch viele Ziele zu erreichen, wie die Förderung und Vernetzung rund ums Velo noch weiter auszubauen und neue Formate zu schaffen. Die Velomission hat erst gerade begonnen. Wir leben in Zeiten der Verkehrswende. Ein Umdenken findet statt und wir als «antritt»-Team möchten einen Beitrag zu dieser Bewegung leisten, inspirieren und vernetzen.

Persönlich brauche ich auch immer wieder neue Ziele, die mich motivieren und mir am Morgen helfen, aus dem Bett zu kommen. Rein sportlich gibt es noch richtig viel zu entdecken. Ich bin halt ein Velo-Chamäleon und bleibe vielseitig interessiert.