Ich liebe meinen Beruf! Ich lerne so gerne Menschen und ihre Geschichten kennen. Jedes Mal bin ich wieder aufs Neue fasziniert, welche Lebensentwürfe es gibt und wie die Menschen ihre Leben gestalten. Aus bekannten Gründen lerne ich überdurchschnittlich viele Menschen kennen, bei denen das Velofahren einen sehr hohen Stellenwert im Leben geniesst. Und ich stelle fest, dass velofahrende Menschen oft auch sehr zufriedene Menschen sind.
So, ist es auch bei Elisabeth Heimlicher aus Wetzikon. Sie begrüsste mich mit dem breitesten Berner Dialekt und das im schönen «Zürioberland». Schnell stellten Elisabeth und ich fest, dass uns vieles verbindet. Angefangen mit der familiären Situation und dem Geburtsdatum, feiern wir doch am selben Tag unser Wiegenfest.
Elisabeth hatte ebenfalls mehrere Berufe in ihrem Leben, wie ich. Aber sie setzt bei allem noch eins drauf, sei es bei der Anzahl Berufe oder Kinder. Und eines ist gewiss, sie spielt ganz klar besser Geige als ich, denn das kann ich nämlich gar nicht. Es hat mich beeindruckt, dass Elisabeth vier Kinder grossgezogen hat und das ganz ohne Auto. Sie erzählte mir, dass sie bei sich am Lenker einen Rückspiegel montiert hatte. Damit konnte sie sehen, ob alle Kinder weiterhin ordentlich hinter ihr herfahren würden. Vor meinem inneren Auge tat sich mir das Bild einer Entenmutter auf, die im Teich schwimmt und alle kleinen Entlein folgen ihr in Reih und Glied. Wirklich allerliebst.
Elisabeth sprudelte vor Ideen: Besonders die Idee mit den Rikscha-Taxis fand ich sehr originell. Ich stelle mir vor, wie es wäre, wenn in den Dörfern diese lustigen Gefährte Einzug hielten. Einerseits würde es ruhiger werden, da es deutlich weniger motorisierten Verkehr gäbe. Andererseits stelle ich mir so eine Geschäftigkeit, wie in einer indischen Metropole vor. Ein Kommen und Gehen, von links nach rechts mit den unterschiedlichsten Zielen. Jedenfalls würde das den Verkehr wieder etwas entanonymisieren. Die Menschen müssten wieder öfter miteinander in Kontakt treten, das wäre ein grosser Gewinn für unsere Gesellschaft.
Elisabeth ist bewegungsfreudig und erklimmt jedes «Hügeli» im Zürcher Oberland – manchmal sogar mit einer guten Portion Selbsttäuschung. So meinte sie einmal, vom E-Antrieb ihres Velos unterstützt zu werden, wunderte sich jedoch, warum es so anstrengend war. Erst später stellte sich heraus, dass der Antrieb defekt war. Aber fit, wie sie ist, hat sie das natürlich auch ohne «E» gemeistert.
Ich wünsche Elisabeth, dass sie noch lange mit dem Velo unterwegs sein kann – ob mit E-Antrieb, Placeboeffekt oder einfach ihrer unerschöpflichen Energie.