Wer nach Christian Schaad sucht, wird zuerst auf seinen zweiten Beruf stossen. Als „Videomann“ verleiht der ausgebildete Sekundarlehrer professionelles Film- und Fotoequipment. Man würde meinen, so ein Technikfreak besitze ein grosses Auto. Doch er und die vierköpfige Familie überraschen. Sie wohnen in einer Siedlung in Winterthur Neuhegi, in der man bewusst möglichst autofrei lebt. Und Christian Schaad fährt hauptsächlich Velo, mit dem e-Bike zur Arbeit und zum Einkaufen mit dem e-Lastenvelo. Er hat weder Auto noch einen PKW-Führerschein.
«Es war eher ein Zufall, dass wir hier in der weitgehend autofreien Siedlung gelandet sind,» meint Christian Schaad. «Grundsätzlich wären wir gerne im Zentrum von Winterthur geblieben, inmitten des ganzen Kulturangebots, wo man Freunde auf Gehdistanz trifft. Doch hier in der Siedlung ist es für die Kinder einfach ideal. Ein super Spielplatz im Innenhof, Kindergarten, Schule – alles in der Nähe erreichbar, ohne stark befahrene Strassen überqueren zu müssen.»
Auch der Bahnhof ist nur wenige Minuten zu Fuss entfernt. Doch Christian Schaad bevorzugt das Velo. Es macht ihn unabhängig, schnell, flexibel, ist vor allem auch erfrischender als die 15 minütige Zugfahrt. Denn er legt mit dem e-Bike auch den Weg zur Arbeit, rund 17 km entfernt und auf der anderen Seite von Winterthur zurück. «Es sind nur wenige Tage im Jahr, an denen ich auf den ÖV ausweiche. Vielleicht einmal im Monat, wenn es stark regnet oder im tiefen Winter, wenn es eisig ist. Wobei mich da vor allem die winterliche Dunkelheit morgens und abends stört. Da merke ich einfach, dass die Automobilisten mich weniger wahrnehmen. Dies vor allem, wenn ich mit meinem schnellen e-Bike bis 45 km/h unterwegs bin.
Und dann kracht es
Leider wurde ich vor einiger Zeit innerhalb von sechs Monaten auch drei Mal von Autos „abgeschossen“. Zweimal ist fast nichts passiert, einmal hatte ich trotz Helm eine Gehirnerschütterung. Wichtig ist einfach, viel Licht am Velo und auffälliges Kleiden mit Leuchtwesten etc.» Inzwischen, konstatiert Christian Schaad, sei es jedoch etwas besser geworden. Die Automobilisten hätten mehr auf dem Schirm, dass es schnelle e-Bikes gibt und passten beim Abbiegen besser auf.
Drei Velos stehen im Fuhrpark von Christian Schaad: Das Elektrovelo für den Alltag, ein Elektro-Lastenvelo für die Einkäufe und für die Ausflüge mit den Kindern und ein Mountainbike. «Das Mountainbike ist eine tolle Sache. Nur die Gelegenheiten, es einzusetzen sind leider selten. Früher haben wir die Kinder oft im Anhänger mitgenommen. Zusammen wiegen sie aber jetzt schon 45 Kilo. Da macht wieder das Lastenvelo Sinn: sie haben einen tollen Ausblick, man kann plaudern, mit Motor geht es bergauf auch besser.
Kinder lieben Ferien am Bodensee
Die Tochter ist jetzt sechs Jahre alt, sie fährt auch schon viel selbst. Diesen Sommer sind wir an den Bodensee gefahren, einfach der Thur und dem Rhein entlang um die Steigungen des Seerückens herum. Die Tochter ist das Meiste selbst gefahren. Wenn es nicht ging, konnte ich Sie mitsamt dem Velo aufladen. Fürs Gepäck hatte ich noch einen Anhänger dran. Eigentlich sind wir in die Ferien am Bodensee gefahren, so wurde der Weg selbst zu einem Erlebnis für die Familie. Natürlich hatten die Kinder vor allem die Tage am See viel Spass.
Für den Rückweg haben wir die Velos im Thurbo verladen: Halbes Billett lösen, Velo ebenerdig hineinstossen. Da ist das Wort „Verladen“ fast zu gross, da es so einfach ist und bequem, auch mit der S-Bahn – natürlich ausserhalb von Stosszeiten. Leider etwas aufwändiger ist es mit dem ICE, für den man für Velos reservieren muss.»
Ökologie ist das angenehmere Fortbewegen
«Das Velo funktioniert fast in allen Lebenssituationen ausgezeichnet,» fährt Christian Schaad fort. «Ohne Auto ist das Leben meist sogar einfacher, keine Parkplatzsuche, keine Staus, weniger Stress insgesamt. Einkaufen gehen wir zu Fuss oder für grössere Dinge mit dem Velo.
Kürzlich habe ich sogar ein Bettsofa mit dem Lastenvelo vom Möbelhaus nach Hause gefahren. Die Kinder können wir in die Ferien sehr gut mitnehmen. Wenn nicht mit dem Velo, so nehmen wir den Zug. Geflogen sind wir schon lange nicht mehr. Ich mache das alles nicht als Ökofundi, sondern weil es einfach praktischer und angenehmer ist, sich so fortzubewegen.