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Patrouille der Bike Police, Stadtpolizei Zürich

Die schnelle Stadtpolizei im Sattel

Aufgezeichnet von Anselm Schwyn

Hoch zu Ross traf ich 1996 zwei berittene Polizisten der Stadtpolizei Zürich. Zu dritt patrouillierten wir am Zürichseeufer im Seefeld oder auf der Bahnhofstrasse. Anfangs der 2000er stellte man die Patrouillen der berittenen Polizei Zürich ein. Vor 12 Jahren wurde dafür die Bike-Police ins Leben gerufen. Inzwischen sind rund 70 Polizistinnen und Polizisten regelmässig im Fahrradsattel unterwegs. Und ich durfte sie wieder einen Tag lang begleiten.

Eine scharfe Kurve rechts, wir stehen in einem kleinen Hinterhof im Kreis fünf. Da wo eine Polizeistreife mit dem Auto definitiv nicht hinkommt und bis zum Aussteigen der Streifenbeamten kein Mensch mehr zu finden ist, kann die Bike-Polizei rasch und unkompliziert Kontrollen durchführen. Die Beamten kennen jeden Winkel der Stadt, jede noch so enge Abkürzung. Und sie können, mit den vor einem Jahr eingeführten e-Bikes kräftiger in die Pedale treten. Mit bis zu 45 km/h streifen wir durch die Stadt, manchmal gemütlich im Seefeld, manchmal blitzschnell im Verkehr über den General-Guisan-Quai.

Es begann hoch zu Ross

Marco Cortesi ist in der Stadt Zürich eine Legende als Polizeisprecher. Seine Laufbahn bei der Polizei hat er aber als Streifenpolizist begonnen – und auch er war einer der berittenen Polizisten der Stadtpolizei. Die Pferde waren damals im Privatbesitz der Polizisten, die eine kleine Entschädigung für ihren Einsatz bekamen. Doch der Aufwand war enorm. Die Pferde mussten stets herangefahren werden. Man achtete sorgfältig auf deren Ausbildung und dass der Stress nicht zu gross wurde.

Mario Cortesi Stadtpolizei Zürich

Mein Erlebnis, mit der berittenen Polizei selbst auf einem Pferd unterwegs zu sein, war für mich aber einmalig. Die Touristen machten Fotos, als wir die Bahnhofstrasse entlang ritten. Die Personenkontrollen waren unproblematisch – den Tieren wurde mit Respekt und freundlich begegnet. «Die meisten Aufgaben einer berittenen Polizei sind natürlich auch mit den Velos erfüllbar. Die Räder machen vieles sogar noch einfacher. In deutschen Städten gibt es aber immer noch Polizeireiterstaffeln, denn die deeskalierende Wirkung ist immens, gerade bei Demos oder Fussballspielen», betont Marco Cortesi.

Keine wilden Verfolgungsfahrten

Im Arboretum führt der Radweg – klar ausgeschildert – parallel zur Strasse. Radfahren entlang dem Seeufer ist verboten und unübersehbar ausgeschildert. Wir radeln die offizielle Route – und sehen auf dem Uferweg einen Velofahrer. Unterwegs bin ich mit Marco Cortesi sowie dem Leiter der Bike-Polizei Zürich, Claude und einer Beamtin, die sich wie 70 Kolleginnen und Kollegen für den Streifendienst im Velosattel gemeldet hat. «Wir machen keine wilden Verfolgungsfahrten wegen einem kleinen Delikt», betont Claude, «es muss verhältnismässig bleiben.» Der fehlbare Velofahrer entkommt also Richtung Bürkliplatz. 

Im Seefeld werden die beiden Beamten von einem Kellner fröhlich begrüsst, der gerade die Stühle der Gartenbeiz aufstellt. Und die Bikepolizisten verlocken auch Touristen aus Fernost zum Griff nach dem Fotoapparat. Denn auch das Velo ist im Staatsdienst ein Sympathieträger. 

Beim Stauffacher steigen die beiden Beamten ab und schauen dem Verkehr etwas aus der Deckung zu. Prompt kommt ein e-Trottifahrer im Schuss auf dem Trottoir daher – seine Busse erhält er zusammen mit einer bestimmten aber freundlichen Erklärung. Ein Velofahrer, der auf dem Busstreifen fährt, kommt mit einer Verwarnung davon. Und schliesslich nimmt Claude doch noch per Velo die Verfolgung einer Velofahrerin auf, die ebenfalls auf dem Trottoir radelt. Er beschleunigt dank kräftigem e-Motor fast wie ein Sportwagen, stoppt sie wenige Meter weiter vorne. Ihre Argumentation, dass es ihr auf der Strasse zwischen den Autos zu gefährlich ist, versteht er. Doch Fahren auf dem Trottoir ist nicht erlaubt, es bliebe nur Absteigen und Stossen.

Näher bei der Bevölkerung

Dank den e-Bikes sind die Einsätze der Bike-Polizei noch effizienter geworden. Die Touren können weitreichender geplant werden, die Beamten sind alle gleich gut einsetzbar und es können damit sogar problemlos Autos unauffällig verfolgt werden. Der Bestand an schnellen Elektrovelos soll deshalb in den nächsten Monaten weiter ausgebaut werden. Dann können auch in Aussenposten, wie Oerlikon oder Wiedikon ausreichend e-Bikes in Bereitschaft gehalten werden. Ausgefallene Räder können ohne Einsatzplanänderungen in der hauseigenen Werkstatt repariert werden. 

Claude kann die umweltfreundlichen Patrouillen dann noch häufiger einsetzen. Für ihn ist der Einsatz mit dem Velo nicht nur eine persönliche Bereicherung durch sportliche Betätigung: «Es ist gut, dass wir auf Augenhöhe mit anderen Velofahrenden sind. Auf den Bikes sind wir einfach auch näher bei der Bevölkerung.» Nachteile gibt es natürlich schon bei den Velos. Es kann nicht soviel Einsatzmaterial wie im Auto mitgeführt werden. Bei Verhaftungen muss beispielsweise ein Einsatzfahrzeug zum Abtransport herbeigerufen werden. Zudem birgt Velofahren im Strassenverkehr leider auch für die geübten Polizeibeamten ein erhöhtes Risiko. 2019 verletzte sich ein Bike-Polizist bei einem Unfall mit einem Lastwagen. Zum Glück war das bisher der einzige schwerwiegende Vorfall in der Geschichte der Bike-Police.

Fazit bei Kaffee und Guezli

Bevor ich mein e-Bike zum Veloverleih in Oerlikon zurückfahre, sitze ich nochmals bei Kaffee und Keksen mit Marco Cortesi und den Beamten zusammen. Die Bike Police ist eine ergänzende Einheit für die polizeiliche Grundversorgung mit all den Aufgaben im Streifen- und Patrouillendienst.

Dank dem Velo sind sie wendiger, näher bei den Menschen und auf allen Wegen der Stadt. Sie sind auch Sympathieträger, gehen an Schulen und setzen sich für bessere Velowege ein. Sie haben einen direkten Draht, bzw. eine Kontaktperson bei der Dienstabteilung Verkehr, bei der sie Problemstellen und Verbesserungsvorschläge für die Velowege in der Stadt Zürich einspeisen.

Dank den neuen e-Bikes sind sie auch in den Hügeln von Zürich, fast bei jedem Wetter problemlos unterwegs. Sie können im Verkehr sogar mit Automobilen mithalten und leisten einen Beitrag zum Umweltschutz. Ein Pferd kann zwar durch ein Velo nie ganz ersetzt werden, aber ehrlich gesagt, eigentlich lassen wir die Pferde doch lieber über grüne Wiesen galoppieren als über die Bahnhofstrasse.

PS: Herzlichen Dank an Marco Cortesi und alle Beamten der Stadtpolizei Zürich, welche diese Velo-Geschichte ermöglichen und mitwirkten.

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