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Aktiv, postfossil und vernetzt – Trends der aktiven e-Mobilität

Ein Beitrag von Hannes Munzinger

Es ist bemerkenswert, wie viel mehr Elektrovelos im Alltag unterwegs sind. Diese erfreuliche Entwicklung hat weniger mit sportlichen oder ökologischen Ambitionen zu tun, als mit pragmatischen Impulsen. Das Elektrovelo wird gerne im Alltag zum Pendeln eingesetzt, für kurze bis mittlere Wege. Velofahren mit Unterstützung ist einfach, praktisch, direkt und schnell und der nächste Hügel wird platt gehobelt.

Wachsende Energiepreise und durch den motorisierten Verkehr verstopfte Strassen begünstigen diese Entwicklung zusehends. Zum Abschluss unserer dreiteiligen e-Bike-Serie beschäftigen wir uns mit Bauformen und Trends für zukünftige e-Velo-Generationen.

Ein Feuerwerk der Velotypen

Passend zu allen Ansprüchen gibt es die unterschiedlichsten Velotypen. Weit oben in den Verkaufscharts stand in der Schweiz lange das Elektro-Mountainbike. Als Freizeit- und Sportmaschine glänzte es regelmässig mit neuen Verlockungen. Als Beispiel seien hier neue Fahrwerk-Sensoren genannt, die mittels Smartphone Verbindung automatisch passende Fahrwerkseinstellungen ermitteln. Nach und nach entwickelte sich das E-Mountainbike auch zum Pendlerbike, welches die Vorzüge des geländetauglichen e-Bikes mit der Alltagsmobilität vereint:

Das SUV-Bike, die Pendlermaschine

Diese Mischung aus Trekking- und e-Mountainbike fällt auf durch seine stabile, schwere und wuchtige Erscheinung und verfügt über folgende Merkmale:

  • eine kräftige Motorisierung
  • ausgezeichnete Bremsen, gewisse Modelle mit Antiblockiersystem (ABS)
  • 0eine breite Bereifung, wie zum Beispiel Stollenreifen mit fein gerippter Lauffläche
  • breite Schutzbleche
  • einen stabilen Gepäckträger
  • eine komfortable Vorderradfederung oder gar Vollfederung

Das Sub-Urban-Velo ist auf Fahrkomfort ausgelegt. Beim Design spielt man gerne mit Lichtkanten und spezieller Lackierung, ähnlich dem Karosseriebau für Automobile. Dabei sind die Velos gebaut für den täglichen Einsatz bei jedem Wetter und auf langen Pendlerstrecken.

Inkognito e-Bikes

Ein komplett gegenläufiges Konzept sind die e-Velos mit urban geprägter Schlichtheit, denen man nichts vom “e” anmerken soll. Akku und Motor sind wie auf dem Titelbild zu sehen, fast unsichtbar verbaut. Insofern zählen sie oft zu den leichtesten e-Velo-Typen. Diese Bikes bieten viel Velofahrspass im herkömmlichen Sinne und helfen dennoch mit genug Trethilfe über den nächsten Hügel.

Elektro-Kompakträder

Einen unglaublichen Trend lösen derzeit die kompakten e-Velos mit 20 Zoll Laufrädern aus und mischen den Cargovelomarkt neu auf. Diese Longtails überzeugen mit niedrigem Einstieg und modularen, langen Gepäckträgern. Sie können mit langen Sitzbänken, Fussrasten und Sicherheitsbügel für Kinder ausgestattet werden. Zudem ist die Befestigung von mehreren Kindersitzen oder Transporttaschen mit grosszügigem Packvolumen möglich.

Trotz Beladung fahren sich die e-Bikes sicher und stabil. Dies ermöglicht der niedrige Schwerpunkt im Zusammenspiel mit einem stabilen Rahmen und breiter Bereifung. Nur mit wenigen Handgriffen lassen sie sich die Kompakträder an individuelle Körpergrössen anpassen. Lediglich im Gewicht stehen die stabilen, kleinen Platzwunder grösseren e-Velos in Nichts nach. Dank dem e-Rückenwind ist dies glücklicherweise nicht wirklich ein Problem.

Kofferraum immer dabei – das fehlende Glied zwischen Auto und Velo

Ungebrochener Beliebtheit erfreuen sich die e-Cargobikes, die Long-Johns, Backpacker, die Trikes und Schwertransporter unter den e-Velos. Ob für Familien, Kuriere, Handwerker oder Gewerbetreibende: mit zwei, drei oder gar vier Rädern ist eine wachsende Modellauswahl für unterschiedlichste Anwendungsgebiete verfügbar.

Immer durchdachter sind ihre Aufbauten. Manche erhöhen den Komfort und die Sicherheit von Kindersitzplätzen, andere vereinfachen das Befestigen von Waren durch clevere Gurt- und Stapelsysteme. Vor allem bei den Familienvelos und Profi-Cargovelos spielt Funktionalität und Design stets eine zentralere Rolle. Auch Lastenvelos wollen gefallen.

Fazit: die Trendsetter sind …

Ungebrochen bleibt derzeit das Elektrovelo als Sportgerät auf Platz eins. Trendsetter und somit Aufsteiger im Alltagsverkehr sind die kompakten Familienbikes. Sie schliessen eine Lücke für den Transport von Einkäufen oder für den Bring- und Holservice von Kindern zu den Long-Johns mit abschliessbarem „Kofferraum”. Letztere spielen zwar schon in einer höheren Preisliga. Dennoch lohnt sich die Anschaffung schon nach wenigen Monaten, wenn man damit ein Auto ersetzt.

e-Lastenvelo mit abschliessbarer Kiste auf dem Weg nach Hause.

Herausforderungen

Diebstahlschutz – Connectivity

Die Systeme der Elektrovelos werden nach und nach smarter. Aufgezeichnete Daten werden vom Bike ins Web übertragen und per App verarbeitet. Die „Connectivity” ermöglicht den Standort eines e-Velos per Smartphone zu bestimmen. Wird die Fahrt beendet, kann der Motor neuerdings per Bluetooth vom Besitzer blockiert werden. Falls das e-Bike entwendet wird schlägt die App Alarm.

Sharing Economy

„Sharing is caring”, oder noch etwas passender: „Teilen ist das neue Haben”. Neue e-Bike-Smartsysteme unterstützen ebenso die Funktion, das Bike mit jemandem zu teilen. So kann das e-Velo vom Besitzer per Smartphone oder Batch freigegeben werden. Dies eröffnet neue Möglichkeiten für alle, die beispielsweise ihren Mitarbeitenden eine Elektroveloflotte zur Verfügung stellen möchten. Damit werden der Diebstahl von den Leihvelos vereitelt und schlanke Mobilitätsmodelle ermöglicht.

Eine smarte Zukunft des e-Velos mit Sharingfunktion und Diebstahlschutz 2.0 ist durchaus begrüssenswert. Ob dafür gleich Blockchain-Technologien verwendet werden soll, ist wiederum fragwürdig. Auch wenn dies vordergründig sehr innovativ erscheint, wäre das auf lange Sicht eine ziemliche Energieverschwendung.

Liefersituation, Rohstoffe, Preise

Auch das Elektrovelo wird momentan deutlich teurer, wie alles, was industriell gefertigt und um die halbe Erde geschippert wird. Wenn die Fertigung wieder ins Land oder zumindest zurück auf den Kontinent geholt werden könnte, hätte dies durchaus preisstabilisierende Wirkung – auch wenn auf höherem Preisniveau. Infolge kürzerer Wege wäre eine ökologische Fertigung eher realisierbar.

Kreislaufwirtschaft – ökologisches Handeln

In letzter Konsequenz braucht es auch beim e-Velo noch einige Fortschritte Richtung Kreisläufe. Zwar werden viele Veloteile bereits rezykliert und in die Fertigung zurückgeführt. Dennoch gibt es noch viel Luft und CO₂ nach oben. Leider ist ein e-Velo ab etwa 7 Jahren technisch komplett überholt. Allerdings sind die stabilen Rahmen und die hochwertigen Komponenten oft noch in tadellosem Zustand. Wäre es deshalb nicht an der Zeit, auch hier konsequent zu handeln? Wie abwegig ist es, auf ältere Rahmen von Seite der e-Bike-Systemhersteller Montageadapter für neuere Motorgenerationen oder Akkus anzubieten? Spezialisten könnten damit ältere e-Bikes CO₂-schonend wieder aufbereiten – selbst wenn sich die alte Tante Ökonomie dagegen sträubt.

Ausgangspunkt Verkehrssysteme

Gegen den Trend der aktiven e-Mobilität spricht primär, wie zögerlich der Strassenraum umverteilt wird. Die Automobilität ist vielerorts eine unbestreitbare Grösse. Sie bedeutet Luxus und Komfort und trägt der Bequemlichkeit der Bevölkerung Rechnung. Ausserdem ist sie in vielen Bereichen gesetzlich verankert. Und doch wäre es so einfach, verkehrliche Prioritäten neu zu setzen. Schliesslich steckt dahinter keine Raketentechnologie.

Die Bemerkung am unteren Rande

Nein, das Elektrovelo im Alltag einzusetzen, ist nicht Schummeln. Die Möglichkeiten sind immens, Frühling, Sommer, Herbst und auch im Winter, wenn es schneit. Darum bleiben Sie inspiriert und bewegt. Herzlichen Dank, dass Sie bis zum Schluss herein gelesen haben.

Eine gute und sichere Fahrt Ihnen allen. Happy cycling.

Bildquelle

Produktfotos Copyrights „Riese & Müller“ … vielen Dank!

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