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Suzi Dreier, 51, Betreibungsbeamtin

Velofahren hat etwas Meditatives

Aufgezeichnet von Cornelia Schlatter

Als Teenie fuhren all meine Kollegen Töffli. Dabei bin ich ihnen mit meinem selbstgekauften Rennvelo ziemlich frech um die Ohren gesaust. Ich war schon früh eine begeisterte Velofahrerin und blieb konsequent dabei. Und obwohl meine Freunde ein Töffli hatten, nahmen sie mich immer mit. Ich war also nie die Aussenseiterin.

Wenn ich zurückdenke, ist es eigentlich verwunderlich, dass ich eine so leidenschaftliche Velofahrerin geworden bin. Meine ersten Veloerlebnisse waren nicht gerade vielversprechend. Als ich etwa sechs Jahre alt war, wohnten wir in Herrliberg. Ich hatte ein neues Velo und war dermassen damit beschäftigt, mich auf den Lenker zu konzentrieren, dass ich bergab ungebremst in ein parkiertes Auto fuhr. Ein anderes Mal wollte ich vor dem Kindergarten prahlen und zeigen, wie ich freihändig fahren kann. Daran erinnert mich bis heute eine Narbe am Kinn.

Alltag mit dem Velo

Das Velo ist für mich ein immer zur Verfügung stehendes Transportmittel, womit ich auch meine Einkäufe erledige. Dafür habe ich zwei Saccochen am Gepäckträger, was sehr praktisch ist. Ein grosser Pluspunkt: Ich muss keinen Parkplatz suchen und kann direkt bis vor die Ladengeschäfte fahren.

Velofahren hat etwas Meditatives

Ich fuhr schon immer im Alltag mit dem Velo in der Stadt. Das Velo ist weder ein Sportgerät für mich, noch gehe ich auf Veloreisen. Ich fahre einfach gerne Velo. Das macht mich sehr zufrieden. Denn Velofahren hat etwas Meditatives. Dabei bin ich sehr fokussiert, eher konzentrierter und aufmerksamer als beim Autofahren. Ich muss vorausschauender fahren, die Fahrbahn und die Umgebung im Blickfeld haben. Es zwingt mich ganz im Augenblick zu sein. Velofahren ist für mich Freiheit, Unabhängigkeit und Freude. Einfach toll!

Naturmomente

Früher wohnte und arbeitete ich im Zürcher Seefeld. Da war ich stets mit einem normalen Velo unterwegs. In meiner Velokarriere wurden mir gefühlt 100 Velos gestohlen. Das war aber nie ein Grund, das Velofahren aufzugeben. Dafür macht es mich einfach viel zu glücklich. Besonders die tollen Naturmomente auf meinem Arbeitsweg geben mir viel. Seit bald drei Jahren arbeite ich jetzt in Oberengstringen. Mein Umzug vom Seefeld nach Witikon gab den Ausschlag, mir ein E-Bike anzuschaffen.

30 Kilometer täglich

Täglich fahre ich nun meine 30 Kilometer, Witikon – Oberengstringen und zurück und das bei jedem Wetter. Die E-Unterstützung hilft, dass ich jederzeit den Berg hinaufkomme, ohne dabei allzu verschwitzt anzukommen. Im Büro habe ich dennoch eine Garnitur Wechselkleidung. Ob ich das Velo nehme oder das Auto wähle hangt bei mir mehr vom Verkehr ab, als vom Wetter. Ich bin allwettertauglich ausgerüstet und wage mich auch bei Hudelwetter nach draussen. Was ich gar nicht mag, ist im Stau zu stehen!

Unterdessen kenne ich ganz viele Möglichkeiten, um von Witikon nach Oberengstringen zu fahren. Das bringt Abwechslung. Im Sommer radle ich sehr gerne der Limmat entlang. Das sind für mich wie Ferienmomente im Alltag. Die Velowege in der Stadt haben sich massiv verbessert. Aber es gibt noch Knotenpunkte auf meinem Arbeitsweg, die optimiert werden könnten. Beispielsweise beim Klusplatz finde ich die Situation recht herausfordernd und manchmal auch gefährlich, denn es gibt dort keinen Veloweg. Wenn ich in Richtung Witikon will, muss ich die linke Spur nehmen. Dann fahre ich vor den Autos her. Das ist wirklich kein angenehmes Gefühl.

E-Bike im Aussendienst

Nichtsdestotrotz möchte ich meinen Arbeitsweg nicht missen. Am Morgen kann ich mich hervorragend auf den Tag einstimmen und am Abend hilft es mir, den Tag hinter mir zu lassen. Ich arbeite als Betreibungsbeamtin und erlebe auch mal schwierige Situationen. Das Velofahren holt mich dann wieder auf den Boden zurück. Manchmal gibt es auch Arbeiten, die ich im Aussendienst erledigen muss. Das klappt wunderbar mit dem E-Bike. Damit bin ich sehr flexibel – schnell da und wieder zurück im Büro.

Ehrlich gesagt fahre ich nicht unbedingt aus Umweltgründen E-Bike, sondern weil für mich das Velofahren einfach das Tollste überhaupt ist! Der ökologische Vorteil ist dabei eher ein schöner Nebeneffekt.

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